Bundestag diskutiert über neue Agenda für nachhaltige Entwicklung
Alle Fraktionen des Deutschen Bundestags stimmten darin überein, dass sich die Bundesregierung bei den Verhandlungen über eine neue Agenda für nachhaltige Entwicklung für die Anerkennung und Umsetzung der 17 Ziele einsetzen soll, die von einer Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen erarbeitet worden sind. Dies wurde bei einer Debatte deutlich, die am 26. Februar 2015 im Bundestag stattfand.
Grundlage waren entsprechende Anträge der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD (18/4088), der Fraktion Die Linke (18/4091) sowie die Unterrichtung über die Position der Bundesregierung zum Post-2015-Verhandlungsprozess (18/3604). In der Debatte bezeichnete Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller die neue Agenda als „einen neuen Weltzukunftsvertrag“, bei der sich die Frage der globalen Gerechtigkeit und die neue Frage der weltsozialen Verteilung stelle. „Wir haben ein Gerechtigkeits- und ein Verteilungsproblem“, so der Minister. Müller hob hervor, dass die neuen Ziele konkret, messbar und überprüfbar sein müssen. Auch Deutschland werde sich daran messen lassen müssen, ob es seine Politik und sein Handeln in den Bereichen Umwelt, Entwicklungszusammenarbeit, Wirtschaft, Landwirtschaft, Handel und Energie an der Nachhaltigkeitsagenda ausrichtet.
Heike Hänsel (Die Linke) forderte die Bundesregierung dazu auf, „den Kampf gegen die weltweite soziale Ungleichheit zwischen den Staaten und auch innerhalb unserer eigenen Gesellschaft zu einem zentralen Ziel der neuen Entwicklungsagenda zu machen.“ Sie kritisierte die Ablehnung einer Vermögens- bzw. Reichensteuer durch die Bundesregierung sowie die „Ausweitung der Profitzone“ durch die „Ausweitung des schädlichen Freihandels, der zu mehr Armut und nicht zu mehr Entwicklung führe.“
Umweltministerin Dr. Barbara Hendricks setzte sich dafür ein, den Katalog der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen als Basis einer ambitionierten Post-2015 Agenda für nachhaltige Entwicklung in New York zu beschließen. „Dieser Katalog ist ein klares Bekenntnis zur weltweiten Verbesserung der Lebensbedingungen und zu Schutz natürlicher Ressourcen in einer universell anwendbaren Agenda“, so die Ministerin. Der Umweltschutz „darf nicht wieder auf der Strecke bleiben“, wie es bei den Millenniumsentwicklungszielen (MDG) der Fall war.
Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, dass die globalen Nachhaltigkeitsziele „keine abstrakte Größe“ sind. Sie nehmen uns alle in die Pflicht und bestimmen unser Leben im Hier und Jetzt. Es gehe um die Frage, „ob es den politischen Willen für eine nachhaltige Gesellschaft gibt, die sich vom Verbrauch fossiler Rohstoffe entkoppelt und umweltschädliche Subventionen abbaut“, erklärte die Bundestagsvizepräsidentin. Ehrliche und verbindliche Zusagen zur Entwicklungs- und Klimafinanzierung, völkerrechtlich bindende Regeln und bindende Überprüfungsmechanismen in der Klima- und Gerechtigkeitspolitik sind die Eckpunkte, so Roth, an denen die Bundesregierung gemessen werden muss.
Sabine Weiss (CDU/CSU) erläuterte „drei Bremsen, die unseren Entwicklungsmotor in vielen Ländern stottern lassen und die wir lösen müssen“. Erstens eine mangelnde Nachhaltigkeit bei den Entwicklungsbemühungen, zweitens mangelnde Eigenverantwortung der Partnerregierungen „Das Gebot der Stunde ist und muss sein, mehr Eigenverantwortung“, so Weiss. Drittens nennt sie die desolate Lage in fragilen Staaten. Eine entscheidende Aufgabe, so die Abgeordnete, werde darin bestehen, die Millenniumsziele dort zu erreichen, wo es bisher nicht gelungen ist.
Dr. Bärbel Kofler (SPD) hob hervor, dass die Beseitigung von extremer Armut das oberste Ziel in der Nachhaltigkeitsagenda werden muss. Es müsse darum gehen, dass dem Ziel „Menschenwürdige Arbeit weltweit“, endlich zum Durchbruch verholfen wird. „Knapp 900 Millionen Menschen auf dieser Erde verdienen trotz Arbeit unter 2 Dollar am Tag und müssen damit sich und ihre Familien ernähren“, so Kofler. Es müsse auch gelingen, „die ILO-Kernarbeitsnormen in allen Ländern zu verankern, Sozialstandards zu definieren und ein System der sozialen Sicherung aufzubauen.“
Nach Ansicht der Christoffel-Blindenmission (CBM) greift der Antrag der Koalitionsfraktionen deutlich zu kurz, da Menschen mit Behinderungen nur bei den Themen Menschenrechte und soziale Ungleichheit berücksichtigt werden. „Wir hatten gehofft, dass die Koalitionsfraktionen die Bundesregierung dazu aufrufen, sich deutlich stärker für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in der neuen globalen Entwicklungsagenda zu engagieren“, sagte Dr. Rainer Brockhaus, Geschäftsführer der CBM. „Es gibt eine Milliarde Menschen mit Behinderungen- das ist jeder Siebte weltweit. Wenn sie nicht explizit in den Zielen berücksichtigt werden, dann werden sie auch auf dem Weg dorthin nicht eingebunden“, so Brockhaus. Die CBM setzt sich dafür ein, dass die Belange von Menschen mit Behinderungen in allen Bereichen Teil der neuen Entwicklungsagenda sind.
Quelle: Projekt "Deine Stimme gegen Armut - Entwicklung braucht Beteiligung"